Erster Lauf des WOLV Summercup 2005

Auftakt: WOLV steht fuer Wiener Orientierungslaufverband, und wie der geneigte Leser daher unschwer schliessen kann, handelte es sich bei diesem Lauf um einen Orientierungslauf. Ich war frisch vom Urlaub zurueckgekommen, gerade rechtzeitig, um das donnerstaegliche Laufen mit Margit zu verpassen, also lechzten meine urlaubsausgeruhten Beine nach anderer Betaetigung. Das Internet ist eine passende Quelle fuer dumme Ideen, also pilgerte ich am Freitag nachmittag los, Richtung Perchtholdsdorf, eine Siedlung am Suedostrand von Wien.

Erster Akt:

Am Vormittag kopierte ich mir wohlweislich aus meinem grossen Wienplan die Seite von Perchtholdsdorf, auf der die Berggasse abgebildet war. Dort war die Anmeldung und der Start, ich wollte mich ja nicht schon auf dem Hinweg verlaufen. Mit den Oeffis brauchte ich etwa eineinviertel Stunden (die ich mir mit lesen vertrieb) quer durch ganz Wien, bis ich bei der Endstelle der 60er war, und von dort mit einen kleinen Fussmarsch zur Berggasse meinen Weg fand. Das klappte auch ueberraschend gut, als ich die Anmeldestelle fand, faltete ich zufrieden meinen Plan, steckte ihn zu meinem Lesestoff und meinem trockenen T-Shirt in das Plastiksackerl, und meldete mich als neue Interessentin an. Die Expertinnen bei der Anmeldung schaetzen mich auch gleich richtig ein, und fanden, dass keinde der drei ausgeschriebenen Strecken fuer mich geeignet waren, sondern dass ich die Kinderstrecke laufen sollte. Das passte mir ganz gut, immerhin hatte ich schon ein wenig Bauchweh, mich zu verlaufen. Ich legte mein Sackerl also am Start ab und harrte der Dinge, die kommen sollten.

Zweiter Akt

Als der Setzer der Posten nach ein paar Minuten zurueckkam, war die Strecke auch offiziell fuer uns Kinder freigegeben, und etliche kniehohe Knirpse (klein, aber alle mit Kompass ausgestattet) und ich rannten bergauf los. An der ersten Kurve ueberholte ich die Fuehrende, und fand auch recht schnell den ersten Posten, der sich in einer Senke befand. Nur zum Verstaendnis: der Posten war mit einer Schildkroete, nicht mit einer Zahl markiert, denn meine Konkurrenten konnten noch nicht lesen. Ich knipste in meinen Zettel mit der Schildkroete, war mir aber nicht sicher, ob ich es richtig gemacht hatte, und wartete auf meine Verfolgerin, die mir zeigte, dass man den Erfolg des Knipsens am besten auf der Rueckseite kontrolliert, wo die Loecher vom durchdruecken erhaben sind. Damit war ich dann wieder zweite. Der zweite Posten sollte auf einem Huegel hinter zwei Baeumen sein, das war leicht. Der dritte bei einer Wasserstelle - ja, am Hydranten hing das orange-weiße Ding. Der vierte Posten in der Naehe eines Hauses war auch recht leicht gefunden, aber beim fuenften Posten musste ich - zum Glueck waren meine Verfolger weit weg. Als ich das Zielgebiet umkreiste, fand ich den Posten (der sehr geschickt bei einem Busch versteckt war) gerade in dem Moment, als die Meute daherkam. Die wussten dann natuerlich, wo der Posten war, und hatten mich schnell eingeholt. Der naechste Posten lag am Weg und war schnell gezwickt. Damit hatte ich schon eine Schildkroete, einen Baeren, eine Maus mit Kaese, einen Loewenkopf, einen Affen, der sich am Kopf kratzt und ein Nashorn. Es fehlte mir noch das Kaenguru, der treuherzige Elefant und das bruellende Flusspferd. Laut meiner Interpretation der Karte ging es einfach bergab, aber der Weg wurde immer enger, verwachsener und war offensichtlich als Sackgasse und Naturklo gedacht. Ich drehte wieder um und folgte der froehlichen Kinderschar, war also ploetzlich die letzte. Die letzten drei Posten waren dadurch einfach zu finden, ich musste nur dorthin laufen, wo sich die Kinderleins sammelten. Nicht mal eine halbe Stunde nach meinem Start war ich dann wieder im Ziel. Es regnete mittlerweile, ich war nass. Fuer so eine lange Anreise so wenig Action, nass heimfahren, soll das alles gewesen sein?

Dritter Akt

Nun war ich uebermuetig geworden. Die Schlange vor der Anmeldung war inzwischen recht lang geworden. Sollte ich es wagen, mich hier und jetzt fuer die Kurzstrecke anzumelden? Meine freundliche Anweiserin, die mir schon die Kinderkarte erklaert hatte, riet mir ab. Falls ich noch Lust zum Laufen haette, ich koenne einfach ein wenig an der Strecke entlanglaufen und das Kartenlesen ueben. Ich beugte mich ihrem Ratschluss und lief, mit Detailplan 1:10000 bewaffnet, los auf die Strecke. Sie erschien mir sogar noch einfacher als die Kinderstrecke, denn alle paar Meter, und ganz sicher bei allen Abzweigungen hingen rote Baender an den Baeumen, denen ganz einfach zu folgen war. Das hatte ich mir wahrlich schwieriger vorgestellt! Ein paar echte O-Laeufer gingen vor mir, tratschten, das war richtig nett. Ich folgte dem Weg, immer bergauf, und fand, das war zumindest ein gutes Lauftraining. Oben am Kamm angekommen, folgte die Ueberraschung: hier war erst der Start, auf die schoenen Karten sollten die Laeufer die Postition der Posten von Vorlagen abzeichnen, und jeder Laeufer musste zu einer festgegebenen Zeit starten. Ups. Ich schaute einem fleissigen Zeichner eifrig ueber die Schulter. Die Posten waren irgendwo im Wald, nicht direkt bei den Wegen. Der freundliche Zeichner meinte, ich koenne ja eine Kurzvariante waehlen, nur ein paar der Posten anlaufen, den grossen Bogen auslassen und dann direkt wieder hinunter zum Ziel bei der Anmeldung laufen. Das war eine gute Idee. Ich zeichnete ein paar der naeheren Posten ab, und ein paar der Posten am Ende, dazwischen die Abkuerzung fuer mich, dann ueberlegt ich, welcher Weg am sinnvollsten waere, lies mir vom Starter die Richtung zum ersten Posten zeigen. Da ich keine Startzeit hatte, lief ich einfach los. Den Weg hinunter bis zum Teich, dann rechts. Hier ging es wieder bergauf, gutes Training. Irgendwo bei der naechsten Kreuzung sollte der Posten stehen? Ich schaute mich um, sah keinen. Aus dem Unterholz rechts rannte ein Profi heraus, an mir vorbei, nach links weiter. Wenn der keinen Posten suchte, musste ich auch nicht. Ich lief also einfach weiter.Der naechste Posten sollte in der Naehe von vielen Steinen sein. Dort kamen mir wieder ein paar Laeufer entgegen, aber Posten fand ich auch keinen. Hier war eine Kreuzung mit zwei Wegen mehr, als auf der Karte eingezeichnet. Ich entschied mich fuer den steilsten bergauf, weil ich neugierig war, wo der hinfuehrte. Nur ein kleiner Mugel, dann ging es wieder hinunter. Unten war wieder ein Weg. Ob das meiner war? Ich lief ihn entlang. Jetzt war schon lange kein Laeufer mehr vorbeigekommen. War ich noch richtig? Ich sah links von mir, auf einer Anhoehe, ein paar schnelle Profis vorbeizischen. Aha, dort musste der richtige Weg sein. Ich kaempfte mich durch das Gestruepp (da waren auch irgendwo Brennesseln drinnen) nach links. Als ich stehenblieb, um mich zu orientieren, sah ich die schnellen gerade nach rechts auf _meinen_ Weg hinueberbiegen. Mist, wieder umdrehen. Das haette ich auch einfacher haben koennen. Und schon hatte ich sie aus den Augen verloren. Ich kam zu einer Kreuzung, an der ich glaubte, mich wieder orientieren zu koennen, und folgte dem Graben talabwaerts. Ziemlich schnell und ueberraschen war ich wieder in der Zivilisation - aber in welcher? Ich las den Strassennamen: Hyrtlgasse [1]. Sehr gut, daran sollte ich mich orientieren koennen. Triumphierend griff ich in meine Bauchtasche nach dem Stadtplan - der friedlich bei der Anmeldung in meinem Plastiksacherl auf mich wartete. Na gut. Mein untrueglicher Orientierungssinn sagte mir, dass ich einen linken Haken geschlagen hatte. Um den Kreis zu vervollstaendigen, musste ich nur wieder links laufen, dann wuerde ich zurueckfinden. Zum Glueck fand ich einen Passanten, einen Hundebesitzer, der gerade seinen Pudel auesserlte. Mutig sprach ich ihn an, und er wies mich richtig ein. So kam ich dann einige Minuten spaeter von unten beim Ziel an, waehrend die richtigen Laeufer scharenweise von oben eintrafen. Ich bedankte mich noch hoeflich fuer den schoenen Lauf, meldete mich ab, gab noch drei Euro in die Kasse fuer die Karte, und machte mich im Regen wieder auf meinen langen Heimweg.

Posten fuer Erwachsene hab ich keinen einzigen gefunden.

[1] Eine Tafel in einer Mauer verriet mir: der beruehmte Anatom Hyrtl soll an dieser Stelle anlaesslich einer Wanderung einmal beinahe gerastet haben.

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