Elisabethstaffel 24. Juli 2005

Vorgeschichte und Zutaten: Elisabeth wurde heuer 40 Jahre alt und bekam die Midlifecrisis. Aber anders als ihre Zwillingsschwester Muriel, die sich von drsl gut beraten liess und fleissig auf ihren ersten Marathon hintrainierte, wollte Elisabeth dieses Jahr mit einem anderen Lauf kroenen. Inspiriert von der Deutschlandstaffel und der Laenge der Donauinsel mit 21 km wollte sie ihren eigenen Marathon laufen, immer streckenweise von ihren Lauffreunden begleitet, sodass sie quasi wie der Staffelstab von Laeuferin zu Laeuferin weitergereicht werden sollte. Ausserdem gab es da noch ein T-Shirt mit der Aufschrift "Bonn Marathon Finisher", das sie nicht anziehen wollte, bis sie nicht wirklich diese magische Distanz gelaufen war. Das Datum war schwer zu finden, bis endlich alle Mitlaeuferinnen Zeit hatten. Ausserdem sollte die letzte ja nicht irgendwo in der Kaelte warten muessen, daher wurde ein Sommertag gewaehlt. Am Sonntag davor wurde noch mit dem Rad die Insel nach Wasserstellen erkundigt. Und am 24.7. war es dann soweit.

Vor dem Lauf: Am Vortag noch die bewaehrten Spaghetti, abends die Himbeerlimonade, alle Laeuferinnen nochmal angerufen, alles zum Anziehen und mitnehmen bereitgelegt, und dann nach einem beruhigendem Besuch in drsl schlafen gelegt.

Um halb fuenf aufgeschreckt und auf den Wecker gesehen: es ist noch Zeit, ich kann weiterschlafen. Um fuenf Uhr das gleiche Spiel, ebenso um halb sechs. Um sechs bin ich dann aufgestanden, habe meine bewaehrten Weetabix gegessen und meinen geliebten Kaffee getrunken - der prompt wieder retour gekommen ist. Ich bin doch nicht etwa nervoes?

Der Lauf: Margit holt mich ab. Sie will die ersten 20 km mit mir laufen und wir fahren gemeinsam Richtung Reichsbruecke. Wir starten vom Parkplatz Kaisermuehlen. Kurz vor acht Uhr geht es los, donauaufwaerts. Wir kommen am Schlafzimmer einiger Sandler vorbei. die Eiswagen stehen noch auf ihrem Nachtplatz, ein Haeschen hoppelt erschreckt vor uns davon. Es sind kaum Leute unterwegs, wir begegnen zwei Laeufern, die uns freundlich gruessen. Das Laufen in der Morgenstunde ist angenehm und locker. Die Kulisse links der Kahlenberg, rechts der Bisamberg, vor uns Klosterneuburg, es ist einfach fantastisch. Kurz nach neun sind wir oben am oberen Spitz, die ersten 11 km haben wir in 1:28 geschafft, einschliesslich zweier Trinkpausen und einer halben Banane. Ein gemuetliches 8er Tempo, und alles ist gut.

Jetzt drehen wir um, und ab jetzt laufen wir auf die Sonne zu. Es wird immer waermer, ich bin froh ueber mein Stirnband, aber trotzdem nutze ich alle paar km eine Wasserstelle, um mir das Gesicht zu waschen. Die Wasserflasche kann ich nicht fuellen, wenn sie voll ist, haengt sie schief an der Huefte und ich fange langsam an, mein Kreuz zu spueren. Also doch lieber duersten? Mist. Ich brauche einen Trinkgurt mit kleinen, gleichmaessig verteilten Flaeschchen.

Bei km 22 soll Christine A. zu uns stossen. Ich hab ausgerechnet, dass wir zwischen 10:30 und 11 Uhr bei ihr sind. Tatsaechlich treffen wir sie um 10:45, ich bin also gut in der Zeit. Sie hat mir Apfelsaft mitgebracht, den ich auf den naechsten km zu mir nehme. Eigentlich waere es fuer Margit hier zu Ende, sie fuehlt sich aber so gut, dass sie mit uns weiterlaufen will. So geht es also zu dritt weiter donauabwaerts, waehrend die Sonne immer hoeher steigt.

Da ich allmaehlich anfange, erste Schwaecheerscheinungen zu zeigen, gehen wir die Steigungen, und laufen nur mehr die flachen Stuecke. Die Donauinsel ist zwar weitgehend flach, aber ueberall, wo die Wege zu Bruecken fuehren, gehen sie hinauf zur Bruecke oder hinunter, unter der Bruecke durch. Es wird immer heisser, und die Wasserstellen sind leider auch nicht mehr ganz so dicht verteilt. Ich sehe auf die Uhr: Am unteren Spitz (km31) sollte ich zwischen halb zwoelf und halb eins ankommen, dann bin ich immer noch in der Zeit. Tatsaechlich kommen wir kurz nach 12 an, noch ein bisschen dehnen, kurze Rast, und es geht wieder retour. Die Zollbeamten am Hafen rufen mir zu, dass ich aufhoeren soll, ich schau schon ganz ungesund rot im Gesicht aus. Aber natuerlich laufen wir weiter.

Jetzt haben wir die Sonne im Ruecken, es geht heimwaerts, ein kuehlender Wind kommt auf. Eigentlich sollte alles im gruenen Bereich sein. Margit und Christine laufen voraus und tratschen, ich trab hintendrein. Kurz nach dem Spitz laufen wir auf das transdanubische Ufer, dort faehrt naemlich der 91A, der ist mein "Notausstiegsprogramm". Hier geht es schnurgerade donauaufwaerts, und ich sehe die naechste Bruecke in weiter Ferne, und weiss, dann kommt noch eine, noch eine, und dann erst mein Ziel. Langsam aber stetig machen wir Meter um Meter. Bis wir - bezeichnenderweise hinter der "Villa Wahnsinn" - ein Stueck bergauf haben und ich einfach zu laufen aufhoere. Es geht nicht mehr. Ich kann nicht mehr, ich mag nicht mehr, die Fussohlen brennen, die Knie tun weh, das Kreuz tut mir weh, mir ist heiss, und ich bin unendlich schlapp und muede. Christine und Margit bleiben natuerlich sofort stehen und reden auf mich ein, doch wenigstens weiterzugehen. Widerwillig lass ich mich ueberreden, und so schleppen wir uns dahin. Uebrigens, das ist hier etwa km 35. Aha, so fuehlt sich der beruehmte km 35 an. Auf diese Erfahrung haette ich aber auch verzichten koennen.

Als wir zum vereinbarten Zeitpunkt noch nicht bei der Steinspornbruecke sind, ruft die dritte meiner Mitlaeuferinnen an. Wir beschreiben unsere Lage, und sie kommt uns entgegen. So marschieren wir dann ab km 36 zu viert. Die zweite Christine hab mir Gemuesesuppe mitgebracht, und die schmeckt ganz ausgezeichet salzig. Feste Nahrung kann ich mir nicht mehr vorstellen. Leider muessen wir gerade zwischen den Grillplaetzen durchmarschieren, da riecht es geradezu ekelhaft.

Aber irgendwann ist auch das ueberwunden. Jetzt taucht auch schon die Praterbruecke auf, von hier aus sind es nur mehr zwei km bis zu unserem Parkplatz. Wir gehen unter der Bruecke durch - es ist herrlich schattig, und ich leg mich einfach hin. Notgedrungen muessen die anderen bei mir bleiben. Ich liege am Ruecken, versuche meine Beine heranzuziehen, was normalerweise gut klappt, aber diesmal wollen sie nicht und zittern nur. Margit findet einen gelben Luftballon, und verleiht ihn mir anstelle eines gelben Trikots. Und schliesslich machen wir uns doch auf, bringen die letzten zwei km auch noch irgendwie unter die Beine, und ganz am Schluss mach ich noch ein paar Laufschritte, damit auch ja die ganze Distanz als Lauf-km gelten. Ich muss ja an das km-Spiel denken! Und Gehpausen zaehlen ja auch als gelaufen!

Am Parkplatz kommt uns noch mein lieber Mann entgegen, den ich eigentlich zu Hause vermutet hatte. Das befluegelt mich noch kurzfristig zu einem Energieausbruch, das ist dann aber der letzte fuer diesen Tag, dann ist Schluss bei mir. Fuer 43,1 km habe ich 6 Stunden und 40 Minuten gebraucht, das ist noch viel schlechter, als ich befuerchtet hatte.

Nach dem Lauf: In der Badewanne komme ich drauf, dass ich eine kleine Blase an der rechten grossen Zehe habe, aber die ist nicht weiter schlimm. Schlimmer ist der Sonnenbrand, den ich im Gesicht, auf dem Hals, auf den Armen und auf den Waden habe. Es ist direkt ein Wunder, dass ich keinen Sonnenstich habe. Im Spiegel erschrecke ich vor mir selber und weiss jetzt, warum der Zollbeamte mir vom weiterlaufen abgeraten hat.

Fazit: Ohne Margit und die Christines haette ich es nie geschafft. Waeren sie nicht gewesen, ich waere irgendwo im Schatten liegengeblieben und haette nur geheult. Aber die drei sind bis zum Schluss bei mir geblieben und haben mich moralisch aufgebaut. An dieser Stelle moechte ich mich bei den dreien nochmal hochoffiziell bedanken und sie loben! Sie haben sehr viel Geduld mit mir bewiesen.

Der Tag danach: Ein bisschen Knieaua. Stiegensteigen ist kein Problem. Ich weiss nicht, was alle immer nur mit ihren Stiegen haben? Das bisschen Ziehen im Oberschenkel? Das wird morgen schon wieder weg sein. Aber ich laufe morgen trotzdem nicht. Ein bisschen was muss ich von drsl ja doch gelernt haben.


darf ich endlich das T-Shirt anziehen?


Nachgeschichte: mein Lauf hat bei drsl ganz schoen Wellen geschlagen, und sie haben mich zum "Laufgott des Monats" gekuert.

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